Cherbourg - halbe Nachtfahrt




Das war ein langer Schlag! Morgens um 02:00 Uhr sind wir in Fecamp gestartet.

Mittlerweile wisst ihr ja, dass Segeln von vielen wichtigen Dingen bestimmt wird: Strömung, Wassertiefen, Windstärke, Windrichtung und Wasserstraßen für die Berufsschiffahrt.

Und jeder Plan ist von Änderungen bedroht.

Der eigene Komfort steht da leider ganz hinten und so mussten wir um 02:00 Uhr starten.

Natürlich konnten wir nicht gut, bzw. gar nicht schlafen. Aber von 22:00 Uhr bis 01:00 Uhr lohnt sich auch nicht wirklich. Obwohl wir ziemlich verknittert  aus dem Bett kamen, waren wir sofort einsatzbereit und konnten ablegen.

Die Strömung sollte von 02:00 Uhr -08:00 Uhr mit uns sein (1.8 kn). Dann mit moderaten 2 kn im mittleren Stück gegen uns und an der entscheidenden Stelle am Kap 3.5 kn wieder mit uns.

Der Wind sollte zunächst von Nordwest kommen und dann auf Nord drehen.

Jetzt mach mal was draus!

Es war absolut entscheidend vor 17:00 Uhr das Kap vor Cherbourg zu passieren, damit es dann mit seitlichem Wind direkt nach Cherbourg gehen konnte. Soweit der Plan.

Als erstes kam der Wind in Fecamp aus West und nicht aus WNW. 

Das war aber nicht schlimm, denn wir wollten den ersten Teil sowieso Motoren. Für unsere erste Nachtfahrt war das auch gut so, denn wir mussten uns nicht auf die Segel konzentrieren, sondern konnten uns an die Dunkelheit, die Lichter und die Navigation gewöhnen.

Vorteilhafterweise sind wir so weit wie sinnvoll nördlich der betonnten Straße von Port d'Antifer gefahren, wo die großen Tanker lauern. Dank AIS konnten wir sie hervorragend beobachten und abschätzen wie dicht wir uns annähern würden. Alles war super unkritisch.

Der letzte Tanker lag vor Anker und wegen seiner Megabeleuchtung konnte man ihn schon schon kurz nach Fecamp als orangen Schimmer im Himmel sehen:

Nach diesem Tanker, ca 05:30 Uhr haben wir die Segel gesetzt und mit Wind aus NW gab es einen Anliegerkurs auf das Kap. Sterne und Morgendämmerung gab es leider nicht, aber ab 05:00 Uhr wurde es hellgrau am Himmel und auch die Sonne zeigte sich später.

Wir lagen sehr gut in der Zeit und der Wind frischte langsam auf. Allerdings drehte er nicht wie vorhergesagt auf N sondern blieb auf NW. Wir mussten also hoch an den Wind gehen und hatten bei 4-5kn durchs Wasser 6kn über Grund. Es ging gut voran und wie vorhergesehen kippte die Strömung dann gegen uns, so dass es nur noch mit guten 3-4kn Richtung Ziel ging.

Da wir insgesamt sehr schnell vorangekommen waren, sind wir aber etwas zu früh in der Nähe der kritischen Stelle am Kap angekommen. 

Etwa 5sm vorher war die Strömung noch nicht wieder gekippt, sondern wir bekamen erwähnenswerte 3.5kn Gegenstrom. Gleichzeitig frischte der Wind auf  - Windstärke 5 gegen an. Die Wellen nahmen zu und wurden steiler. Aber die Sonne schien und wir waren ja zu früh und nicht zu spät – ein nicht zu unterschätzender mentaler Vorteil!

Wir segelten so gut es ging (1-2kn Fahrt über Grund), allerdings konnten wir die Höhe nicht mehr halten. Der Knick im Track sagt alles. Erst später konnten wir das wieder mühsam ausgleichen.

Aber dann! Die Tide kippte und die Strömung war mit uns! What a ride! Über Grund waren es 10.2kn, davon 6-7kn durchs Wasser, obwohl wir gerefft hatten. Phantastisch!

Vor Cherbourg mussten wir dann noch etwas kreuzen um Gefahrentonnen an der richtigen Seite zu passieren, aber das Ziel war greifbar.

Quasi in der Hafeneinfahrt, beim Bergen der Segel und zu unserer größten Überraschung gab es drei Delphine, die uns für kurze Zeit begleiteten – was für ein Abschluss dieser Etappe!

Begrüßungskomitee

Nicht ganz ernst gemeint. Oder doch??

Kommentare

Unknown hat gesagt…
Die erste Nachtfahrt habt ihr toll gemeistert. Die Delfine waren sicherlich der gleichen Meinung und haben es durch ihre Sprünge ausgedrückt!! Ist aufregend, aber macht weiter so!!
Unknown hat gesagt…

Wunderschöne Bilder mit einem teilweise poetischen Text.

⁰Lb. Grüße. REINHOLD

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